Angela Merkel besitzt beste Chancen, im Herbst Kanzlerin zu werden. Deshalb wollen viele Deutsche mehr über die CDU-Vorsitzende wissen. Diese Biografie von Gerd Langguth kommt also wie gerufen. Der Autor ist zwar Parteifreund, jedoch als seriöser Analytiker anerkannt. Sein Buch präsentiert sich sorgfältig recherchiert sowie hervorragend zu lesen. Als Eckpfeiler dienen zahlreiche Interviews mit Merkel-Kennern. Ergebnis: Leser können die Kandidatin künftig besser einschätzen. Gleichzeitig beleuchtet der Autor ein Stück deutscher Zeitgeschichte und blickt hinter die konservativen Kulissen der Berliner Republik heute. Kurz nach ihrer Geburt 1954 gehen Merkels Eltern gegen den Strom der Zeit von West nach Ost, denn der pragmatische Vater nimmt eine Stelle als evangelischer Pfarrer an. Wenig später zieht Familie Kasner -- Merkels Mädchenname -- ins brandenburgische Templin und wird dort heimisch. Die als begabt und beherrscht beschriebene Schülerin tritt der FDJ bei. Nach in Leipzig erfolgreich absolviertem Physik-Studium arbeitet Merkel als Wissenschaftlerin in Ost-Berlin. Während Mutter und Schwester nach der Wende in die SPD eintreten, schließt sich Angela Merkel zunächst dem Demokratischen Aufbruch an, dann der CDU, was einige Freunde überrascht. Als Ministerin für Frauen und Jugend sowie für Umwelt trägt Merkel acht Jahre lang politische Verantwortung im vereinigten Deutschland. Infolge der CDU-Spendenaffäre übernimmt die Politikerin den Parteivorsitz. Mit ihrem laut Langguth „ausgeprägten Willen zur Macht“ strebt Merkel jetzt ins Kanzleramt. Schlösse man von ihrem bisherigen Leben auf die politische Zukunft, so würde eine Kanzlerin Merkel beharrlich und vorausschauend regieren und wie Adenauer keine Experimente wagen. Merkels politischer Gegenspieler, SPD-Chef Franz Müntefering, unterstellt indes, dass die CDU-Vorsitzende nicht führe, sondern bloß taktiere. Tatsächlich hat Angela Merkel in der Union starke Männer wie Horst Seehofer, Friedrich Merz oder Wolfgang Schäuble wiederholt beschnitten. Eine erfolgreiche unionsgeführte Regierung könnte jedoch davon abhängen, dass Merkel die Starken für sich gewinnt, beispielsweise Edmund Stoiber als Superminister. Ob ihr dies gelingt, davon hängt ein Stückweit ihr politisches Schicksal ab -- und womöglich das Deutschlands. Sicher ist momentan nur: Die Lektüre dieser Biografie lohnt. --Herwig Slezak Quelle:
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