Wenn der Mann einen Fehlgriff tut, hagelt es am nächsten Tag Schlagzeilen. Wie hält einer so eine übermenschliche Nervenbelastung aus? Wie wurde Oliver Kahn zur Nummer eins -- und wie blieb er es so lange Zeit? Fragen, mit denen man neugierig zu diesem Buch greift, in dem der Bayern-Star über vieles Auskunft gibt, was ihn als Mensch und Fußballer bewegt. Skandalträchtig wie andere Promi-Bücher ist dieses jedenfalls nicht: Kein Herziehen über Kollegen, keine intimen Geständnisse. Das Kapitel über sein Privatleben ist überhaupt das kürzeste und endet mit dem weisen Fazit, dass es "eine große Herausforderung bleiben wird". Eine Herausforderung ist auch das Leben als Star. Kahn weiß, dass er der Medienmaschine Ruhm und Geld verdankt. Gleichzeitig nimmt er sich die Freiheit zu kritischen Gedanken. Er hat es am eigenen Leib erfahren: wie einen die Medien zum Helden hochschreiben, nur um einen beim nächsten Fehler umso genüsslicher niederzumachen. Die eine Frage bleibt allerdings unbeantwortet: warum er den Vorabdruck seines Buches ausgerechnet jener Boulevardzeitung anvertraut, die seine privaten Probleme auf der ersten Seite so schadenfroh ausgeschlachtet hat. Die Kapitel sind knackig kurz, man könnte das ganze Buch locker während eines Fußballspiels lesen. Es ist ja auch keine Autobiografie, sondern einfach eine Ansammlung von Gedanken, die sich ein Erfolgreicher über Beruf, Karriere und sein öffentliches Image macht. Die Kapitel heißen zum Beispiel "Willenskraft", "Druck", "Erfolg", "Einsamkeit" oder "Geld". Mit erstaunlicher Klarheit analysiert Oliver Kahn das System Kahn und wie es funktioniert. Warum etwa ein bestimmtes Maß an Besessenheit nötig ist, um wirklich gut zu werden. Welche mentalen Techniken er in entscheidenden Situationen anwendet. Und wenn er an die kommenden Jahre denkt, weiß er: "Mein Problem werden nicht meine Knie sein, sondern mein Kopf". Sich immer wieder anstacheln und motivieren, hungrig bleiben, obwohl man schon alles erreicht hat. Aber ein großes Ziel bleibt ja noch: 2006 Weltmeister werden im eigenen Land. Genau das will er, daran lässt Kahn keinen Zweifel. Und nicht nur er würde sich darüber freuen. --Christian Stahl Quelle:
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