1989 erschien in den USA ein Buch, das zunächst eher ein Schattendasein führte: „Die 7 Wege zur Effektivität“. In den folgenden Jahren trat es jedoch einen gigantischen Siegeszug rund um den Erdball an. Kaum ein anderes Managementbuch wurde über Ländergrenzen hinweg so erfolgreich. Der Grund für den Erfolg lag auf der Hand. Die Thesen trafen den Puls der Zeit. Denn in der neuen Wissensgesellschaft braucht man andere Werkzeuge und Wege, um privat und öffentlich erfolgreich zu sein. Covey empfahl, sich effektiv auf das Wesentliche zu konzentrieren, „das Wichtigste zuerst zu tun“ oder immer „Win-Win“ zu denken. Er nahm damit vieles vorweg, was später als Grundeinsichten im Managementalltag gefeiert wurde. 2004 erschien in den USA dann der „8. Weg“. Covey sprach plötzlich davon, „den 7 Wegen die Kraft einer dritten Dimension zu verleihen, ohne die wir die zentrale Herausforderung des neuen Zeitalters der Wissensarbeit nicht bewältigen können“. Und genauso nebulös definierte er den 8. Weg als das Finden seiner inneren Stimme und das Inspirieren anderer, die ihre zu finden. Er meint damit, dass jeder seine einzigartige persönliche Bedeutung im Leben herausarbeiten kann. Das ist natürlich begrüßenswert. Auf 428 Seiten findet der Leser jedoch eine seltsame Gemengelage aus handfesten Empowerment-Ratschlägen, Esoterik und banalen Lebensweisheiten. Das führt bisweilen zu überraschenden Erkenntnissen, ist aber überwiegend eine etwas eleganter formulierte Feierabendpsychologie. Im Grunde genommen handelt es sich um eine gut gemeinte Moralfibel für den Gutmenschen. Man bricht keine Versprechen, ist höflich, achtet den anderen, hilft einander, ist ehrlich und offen. So wird man zum Vorbild, das andere führen kann. Kein Wunder, dass Covey Führung wie folgt definiert: „Anderen klar vermitteln, welchen Wert und welches Potenzial sie haben, dass sie sie wirklich in sich selbst erkennen“. Das klingt gut, wird aber gleich wieder mit dem Satz verwässert, „den Prozess des Sehens, Tuns und Werdens“ bei anderen in Gang zu setzen. Covey vergleicht das mit Großeltern, die ihren Kindern und Enkeln auf möglichst vielfältige Weise vermitteln, welchen Wert und welches Potenzial sie haben. So lange, bis sie es selbst glauben. Am Ende blickt der Leser überdies auf eine Vielzahl von Grafiken und Illustrationen, die jedem suggerieren, aus sich etwas machen zu können. Voraussetzung ist das umfassende Regelwerk des Gutmenschen. Immer einfühlsam, „ein Licht, kein Richter, ein Vorbild, kein Kritiker“. Das ist erhabene und schöngeistige Lebenshilfe-Literatur, mit viel Pathos und Ergriffenheit vorgetragen, aber leider wenig brauchbar im konkreten Alltag. --Nina Hesse Quelle:
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