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Anton Bruckner. Biographie eines Unzeitgemäßen

Anton Bruckner. Biographie eines Unzeitgemäßen
Autor: Wolfgang J. Bekh
Verlag: Bastei Lübbe
Gebundene Ausgabe
Auflage: 1., Aufl.
Seiten: 528
ISBN-10: 3-7857-2037-8
ISBN-13: 978-3-7857-2037-0
ISBN: 3785720378
Preis: Preis und Verfügbarkeit anzeigen
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An Bruckner-Biografien besteht wahrlich kein Mangel: Angefangen bei den Werken der vom Meister selbst bevollmächtigten Autoren Göllerich und Auer bis hin zu jüngeren Veröffentlichungen wie derjenigen von Hansjürgen Schaefer kann der interessierte Leser in Bibliothek und Buchladen über eine Vielzahl von Schriften verfügen. Qualität und Schwerpunktsetzung unterscheiden sich selbstverständlich erheblich: Bei älteren Werken muss man immer mit mangelnder Quellenkritik oder unterschiedlichsten nationalistischen Tendenzen rechnen. Problematisch für den musikalisch nicht sonderlich vorgebildeten Leser sind Veröffentlichungen, die einen hohen werkanalytischen Anteil haben.

Ganz ungezwungene, dazu noch unerhört spannend und bewegend erzählte Information bietet die neue Biografie von Wolfgang Johannes Bekh. Der umfassend gebildete Schauspieler, Redakteur und Autor erstaunt und begeistert mit einer akribisch recherchierten, detailliert genauen Fleißarbeit -- ohne den negativen Beigeschmack dieses Wortes --, für die er unermüdlich "Originalschauplätze" bereist und Unmengen von Material durchforstet hat. Lesenswert ist Bekhs Buch nicht zuletzt wegen seines angenehmen Schreibstils und seiner Fähigkeit, Bezüge zu verwandten historischen Ereignissen und Tendenzen herzustellen: Das stupende, lebendige Allgemeinwissen macht im Zeitalter der scheinbar grenzenlosen Verfügbarkeit von Information durch das Internet nachdenklich im Hinblick auf die Persönlichkeit, der es bedarf, um solches Wissen auch sinnvoll zu verwerten.

So löst sich im vorliegenden Buch also aus dem umfassend beleuchteten Dunstkreis des 19. Jahrhunderts jener groteske, gleichwohl äußerst liebenswerte Oberösterreicher, der einer der genialsten Symphoniker aller Zeiten war. Urkomisch lesen sich seine durch Schüler überlieferten dialektalen Äußerungen (sein krachertes Heimatidiom gab er niemals auf): "Lachen" heißt bei ihm mitunter "pfugatzn", und beim Werben um eine Siebzehnjährige stellt der Mittfünfziger sich vor mit den Worten "I' bi da Professor Bruckner aus Wean und bi' an Koaser sei' Organist." Massiv ins Tragische tendieren sein neurotischer Zählzwang und seine grenzenlose Autoritätshörigkeit, ebenso sein gewaltiges Arbeitspensum zum Zweck des Broterwerbs, das ihn viel wertvolle Zeit kostete.

Der Leser wird in Bruckners disparate und oftmals unbequeme Lebenswirklichkeit entführt, hat Teil an seinen legendären, leider nicht überlieferten Orgelimprovisationen, seinen musikalischen Lehr- und Meisterjahren sowie an den kleinen und großen Nöten und Freuden seines Daseins. Die kaum vorstellbaren Demütigungen, die er als zu Lebzeiten kaum anerkannter Komponist erdulden musste, gehen einem nah: Am Ende glaubt man, einen Freund gewonnen zu haben und verspürt Lust auf Bruckners Musik.

Dennoch, ein Wermutstropfen bleibt, und es ist derselbe wie bei vielen anderen Büchern dieser Art: Leider wurden die zahllosen Zitate des Buches nicht mit Verweisen auf die jeweiligen Quellen versehen, und damit sind sie größtenteils nicht nachvollziehbar, also wissenschaftlich nicht zu verwenden. Hier besteht für eine spätere Neuauflage dringend Nachholbedarf. --Michael Wersin
Quelle:




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