Gleb Kalaschnikow ist ein wandelndes Schnellfeuergewehr. Immer auf der Jagd nach schönen Frauen, ist der halbseidene Nachtclubbesitzer verrufen in der gesamten russischen Männerwelt. Zudem ist sein Etablissement mafiös unterwandert: Kein Wunder also, dass er eines Tages mit einem einzigen sauberen Kopfschuss getötet wird. "Ein Auftragsmord. Wie aus dem Bilderbuch", findet Jewgeni Tschernow, der Chefermittler der Moskauer Staatsanwaltschaft, und ebenso märchenhaft sind auch die voreiligen Schlussfolgerungen der Polizei, als man bei Glebs Geliebter Olga Guskowa die Mordwaffe findet. In Club Kalaschnikow zitiert Daschkowa Nabokov: "Vor mir steht nicht einfach eine schwache Verdünnung des Bösen, wie man sie aus jedem Menschen gewinnen kann", hatte der geschrieben, "sondern das konzentrierte Böse ohne Beimischungen, ein riesiges, bis zum Rand gefülltes und versiegeltes Gefäß". Bei Daschkowa ist dieses konzentrierte Böse nicht etwa Kalaschnikow, sondern jener Teil der russischen Gesellschaft, der sich ohne Skrupel am postsowjetischen Markt bereichern will und dem sie in ihrem gut gemachten Roman den Spiegel vorhält. Und wie in Die leichten Schritte des Wahnsinns ist es wieder eine Frau, die an dem offiziellen Tathergang zu zweifeln beginnt. Ausgerechnet Katja Orlowa, die Ehefrau Kalaschnikows, glaubt nicht an Olgas Schuld. So wie Glebs Geliebte als echte Russin gewohnt ist, "in den realen Schwierigkeiten des Lebens einen verborgenen mystischen Sinn zu suchen", so ahnt Katja hinter den simplen Geschehnissen einen größeren Zusammenhang. Als dann auch noch ein weiterer Mord geschieht, drohen die Ereignisse vollends aus dem Ruder zu laufen. Eigentlich ist Daschkowa also weniger bei Nabokov als vielmehr bei Dostojewskij, namentlich bei Schuld und Sühne oder Die Dämonen in die Lehre gegangen: So düster und korrupt die menschliche Seele auch sein mag, die sie mit ihrem Röntgenblick durchleuchtet, hinten schimmert doch immer auch irgendwo der strahlende Faden moralischer Rettung durch. Sei's drum: Nach Die leichten Schritte des Wahnsinns liegt nun ein weiterer Krimi der Autorin in deutscher Übersetzung vor, der das Zeug hat, auch hier zu Lande zum Bestseller zu avancieren. Egal, ob es im heutigen Russland wirklich so aussieht, die spannungsgeladene Lektüre sollte man sich durch diese Frage nicht vermiesen lassen. --Thomas Köster Quelle:
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