Gehetzt von Wucherern und Gläubigern, auf der Jagd nach Geld oder einem besseren Sinn des Lebens, treibt es Carmine Santojanni durch Neapel. Mitten unter Wölfen befindet sich der verzweifelte Held in Peppe Lanzettas furiosem Großstadtdrama aus dem Mezzogiorno. Sie nennen sich Bobdeniro, Johnnybigud und Brucewillis. Allein die Namen sind Lanzettas Protagonisten von ihrem amerikanischen Traum geblieben. Hatten ihre Väter und Großväter noch den Atlantik überquert auf der Suche nach Glück und Geld und ihrer elenden Existenz im italienischen Mezzogiorno den Rücken gekehrt, verharren sie selbst im Elend, inszenieren kleine trügerische Glücksmomente, die selten Bestand haben. Carmine Santojanni hat sich keinen amerikanischen Namen zugelegt, aber er wird „Cattivotenente“ genannt in Anlehnung an einen korrupten Polizeibeamten aus einem Film von Abel Ferrara mit dem großen Harvey Keitel. Hoffnungslos verschuldet hangelt er sich von Zahlungstermin zu Zahlungstermin, sucht die Liebe, findet immer wieder Sex, verflucht sein verpfuschtes Leben, verflucht Neapel. Seinen Weg kreuzen immer wieder andere traurige Helden, ebenfalls nach der Suche nach irgendetwas. Gestalten, die im Sumpf von Gaunereien, Sex und Gewalt unterzugehen drohen, die einen oft aussichtslosen Überlebenskampf führen, bemitleidenswert, aber mit großem Gefühl und großen Momenten. Willy, der schwule Friseur, die schöne Carmela aus den elenden Quartieri Spagnoli, deren Mann im Knast sitzt und die ein Kind von einem anderen Rumtreiber zu versorgen hat. Tonino, genannt Johnnybigud, der als drittklassiger Sänger auf Hochzeiten und Geburtstagen glänzt. Oder die Junkies Scintillone und Vicenzo, immer auf der Suche nach Stoff, die bei einem Diebstahl zu Mördern werden. Heftige Wut und Verzweiflung schlagen dem Leser aus Peppe Lanzettas Buch entgegen, aber auch die Liebe zu seinen glücklosen Helden und zu seiner Stadt Neapel. Lanzetta, in Italien gefeierter Sänger, Autor und Schauspieler, in Deutschland einem größeren Publikum leider noch gänzlich unbekannt, ist ein mitreißendes und anrührendes Großstadtdrama gelungen, ein großer Roman über Neapel, wie man es auf Postkarten oder in Reiseführern vergebens suchen wird. --Ulrich Deurer Quelle:
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