Für viele Leser ist Venedig, la Serenissima, längst vor allem eins: die malerische Kulisse, in der Donna Leons fintenreicher Commissario Brunetti zwischen den von seiner Frau Paola mit spielerischer Leichtigkeit bereiteten kulinarischen Mahlzeiten seine Kriminalfälle löst. Trotz der natürlich unappetitlichen Morde überwiegt bei der Lektüre irgendwie immer das Idyllische dieser Kulisse. Nicht zum ersten Mal indes bekommt Letztere in Die dunkle Stunde der Serenissima deutliche Risse, fällt ein dunkler Schatten auf die Schönheit der Lagunenstadt. Die dunkle Stunde der Serenissima führt uns in die Zeit Mussolinis und des Faschismus. Damals mussten auch in Italien Juden nicht nur um ihr Hab und Gut, sondern um ihr Leben fürchten. Eilig und weit unter Preis mussten sich viele von ihnen von ihrem Besitz trennen. Darunter, wie man sich denken kann, Kunstschätze von enormem Wert. Die Profiteure standen Schlange. Eine nicht sonderlich rühmliche Zeit in der Geschichte Venedigs und mancher ihrer Familien. Dass muss auch Brunetti erkennen, als er einer jungen Frau helfen will, die für die Rehabilitierung ihres Großvaters streitet, den man nach dem Krieg beschuldigt hatte, einer dieser Profiteure gewesen zu sein. Doch noch bevor Brunetti ein wenig Licht in die dunkle Geschichte um den vielleicht ja tatsächlich zu Unrecht Verurteilten hat bringen können, wird die junge Frau ermordet aufgefunden. Nun muss sich der Commissario von Amts wegen mit diesem unschönen Kapitel der Geschichte befassen, das offenbar immer noch nicht wirklich abgeschlossen ist. -- Donna Leon beherrscht ihr Handwerk ebenso routiniert wie ihr Held das seine. Und so wird auch dem elften Brunetti-Roman der gewohnte Erfolg beschieden sein. --Hasso Greb Quelle:
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