Am 5. Juli 2001 erschütterte eine Meldung die Nation: Plötzlich und unerwartet hatte sich Hannelore Kohl in der vorangegangenen Nacht das Leben genommen. Diese Verzweiflungstat machte uns schlagartig bewusst, dass Hannelore Kohl ein doppeltes Leben führte. Das eine war jenes, das sie in unseren Köpfen führte, geformt durch ihre Medienpräsenz, durch die ihres Gatten und durch das, was wir in ihr sehen wollten. Das andere war die wirkliche Hannelore Kohl, eine Frau, die einer ganz bestimmten Generation angehörte und die die Karten, die ihr das Leben zugeteilt hatte, so gut ausspielte, wie sie nur konnte. Wer also war die wahre Hannelore Kohl, und wie kam sie mit ihrem anderen Ich zurecht? Für ihre Hannelore-Kohl-Biografie hat die Journalistin Patricia Clough das Leben der 1933 Geborenen intensiv recherchiert, das Familienumfeld, die wichtige und prägende Zeit vor und während des Zweiten Weltkrieges, die Nachkriegszeit. Sie stellt das Schicksal einer Frau dar, die fast immer durch eine verzerrte Perspektive wahrgenommen wurde, nämlich durch die ihres Mannes Helmut Kohl und dessen Stellung in der Öffentlichkeit. Die Autorin hat Zeitzeugen, Freunde und Mitarbeiter von Hannelore Kohl befragt. Und trotz der große Widerstände von Helmut Kohl ist es ihr gelungen, ein objektives und einfühlsames Bild dieser Frau zu zeichnen, jenseits des trivialen Abziehbildes, das von ihr noch immer in der Öffentlichkeit vorherrscht. "Es ist bedauerlich", schreibt Patricia Clough, "dass Hannelore Kohl im Tod wie im Leben dazu gebraucht wird, Helmut Kohls Zwecken zu dienen. Der Konflikt zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit setzt sich fort". In diesem Konflikt hat sich Patricia Clough um ein faires und unvoreingenommenes Bild der Ereignisse bemüht. Um ein Bild, das sich nicht immer mit der Version des Altkanzlers deckt. Vielleicht erklärt das die beharrliche Weigerung der Familie Kohl, mit ihr zusammenzuarbeiten. --Stephan Fingerle Quelle:
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