Leider leider gehört der erste Roman der türkisch-deutschen Journalistin Dilek Zaptcioglu zu jenen Büchern, nach deren Genuß unklar bleibt, was sich Autoren oder Verleger bei der Titelsuche gedacht haben. Aber dies ist eigentlich die einzige Enttäuschung, mit der die Leser des engagierten Werkes rechnen müssen. Selbst Grenzgängerin zwischen der Türkei und Deutschland, weiß die 39jährige Zaptcioglu genau, wovon sie erzählt: Von Jugendlichen, die sich mit türkischen Gesichtern in Deutschland zurecht finden müssen. Dies ist Ömer Gülen und seinen Freunden in Berlin nie besonders schwer gefallen. Ömer scheint genau der türkische Junge zu sein, "der es einmal besser hat" als seine Eltern. Internet, Musik, Liebeskummer und Abiturprüfungen bestimmen sein Leben. Ganz neue Gefühle und Gedanken werden jedoch wach, als eines Tages sein Vater, auf den ersten Blick ein Musterbeispiel eines "türkischen Gastarbeiters", nach einem schweren Unfall ins Koma fällt. Gemein abgebrühte Pressefritzen, ein hinreißend guter und edler Polizist, rechtsradikale Jugendliche und eine Horde desorientierter aber tatkräftiger Freunde beginnen nun umgehend damit, um Ömer herum einen astreinen Kriminalfall zu inszenieren. Spannung alleine ist aber sicher nicht der Grund für die zahlreichen Preise, die das Jugendbuch inzwischen gewonnen hat (unter anderem eine Auszeichnung der deutschen Akademie für Kinder- und Jugendliteratur in Volkachim November 1998 und den Gustav-Heinemann-Friedenspreis). Eher schon die reflektierten Blicke des 18jährigen Ömers auf "seine" Welt. Die gerät nämlich beinahe restlos aus den Fugen, als er nach und nach feststellt, daß das Leben seines Vater ganz anders war, als er gedacht hat, und daß seine Mutter ebenfalls mehrere Rollen beherrscht. Er merkt, daß das Leben an sich ganz schön kompliziert ist, und daß Edelmut ebensowenig wie Toleranz vom Himmel fällt -- weder auf deutsche noch auf türkische Köpfe. --Petra Breitenbach Quelle:
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