London, 1664. Penitence Hurd, die unnahbare 18-jährige Puritanerin trifft nach ihrer Flucht aus Amerika im Hafen von London ein. Stocksteif stapft sie in Richtung Rookery, einem der verrufensten Viertel der Stadt auf der Suche nach ihrer Tante Margaret Hughes. Da sie auffällig stottert, benutzt sie eine Schiefertafel: "Sucht ihre Tante, letzte Adresse St. Gilles Rookery". Trotz anfänglicher Unterstützung verirrt sie sich heillos in den Elendsquartieren. Sie schlüpft bei der ihr unbekannten Verwandten im Cock-and-Pie, einem Edelbordell, welches ihrer "Ladyschaft" zu gehören scheint, unter, ohne dass sie dafür die zu erwartende Gegenleistung erbringen muss. Mühelos entführt Diana Norman ihre Leser in die verwinkelten, stinkenden Gassen einer Millionenstadt. Sie schildert den menschlichen Abschaum und das Elend, und jeder weiß, dass er dort niemals leben möchte. Penitence (zu dt. Buße) kann sich anfangs an die Rohheit und Derbheit der Fäkalsprache der Huren überhaupt nicht gewöhnen -- erst als die Pest auch in ihrem Haus Einzug hält und ihre Opfer fordert, solidarisiert sie sich mit den Überlebenden und überwindet die Enge ihrer Erziehung. Überraschend wird sie Erbin des Cock-and-Pie, findet ihre richtige Mutter, wird selbst Mutter und verschwindet hinter den Mauern des Schuldgefängnisses -- eine schreckliche Erfahrung, die ihre weiteren Lebensjahre prägen wird. Doch sie ist ungemein lernfähig, passt sich den Umständen an und akzeptiert die Spielregeln ohne dabei sich selbst untreu zu werden. Später bringt die Bühnenautorin Aphra Behn -- ihre Bekanntschaft aus dem Gefängnis -- sie ins Theaterleben und auf die Bühne. In der Rolle der Desdemona von Shakespeare macht sie Karriere. Spannend und einfühlsam in ihren Orts- und Personenbeschreibungen führt die Autorin in den beiden letzten Teilen des Buches mit nur einer Hand voll Menschen den Leser durch die Revolutionen und Gegenrevolutionen der Torys und Wigs, wobei sie die Hauptschauplätze von London in die Provinz, nach Somerset, verlegt. Das grausame Wüten des Lord Oberrichters Jeffrey bringt sie erneut in große Gefahr, doch das Happy End versöhnt nach 750 Seiten den prächtig unterhaltenen Leser und gerne würde der auch die Zeitmaschine buchen, die Diana Norman zur Recherche für ihren Roman benutzt haben muss. --Manuela Haselberger Quelle:
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