In der so genannten Todeszone in knapp 8.000 Metern Höhe ist die Luft sehr dünn. Das gilt auch für die obere Etage des 8.125 Meter hohen Nanga Parbat, um dessen Erstüberschreitung im Jahr 1970 es in Kienlins Buch Die Überschreitung geht. Besser gesagt handelt das Erstlingswerk des Nanga-Parbat-Expeditionsteilnehmers von 1970 von Reinhold Messners Gipfelerfolg, von dessen umstrittenem und gefährlichem Abstieg ins unbekannte Diamir-Tal -- und von dem tragischen Tod seines Bruders Günther, der, nicht zuletzt aufgrund mangelnden Sauerstoffs geschwächt, vermutlich in einer Lawine umkam. Nun liegen diese Ereignisse viele Jahre zurück, aber seit dem Jahr 2002 geht das Thema wieder durch die Medien: Spiegel, Stern und Bild berichteten ausführlich, von sämtlichen Bergmagazinen und unzähligen Fernsehbeiträgen ganz zu schweigen. Grund dafür sind heftige Vorwürfe der unterlassenen Hilfestellung einerseits und damit verbunden Zweifel an den Messner'schen Darstellungen andererseits. Man kann behaupten, dass die Luft im Streit Messner versus Kienlin mittlerweile sehr dünn ist. Mit dem Untertitel Expeditionsteilnehmer brechen ihr Schweigen wird schon angedeutet, dass hier mitunter schwerwiegende Vorwürfe publiziert werden. Und in der Tat schießt Max von Kienlin scharf. Auch wenn er immer wieder beteuert, dass Rache, Missgunst und Wut darüber, dass Messner nach der Expedition von 1970 Kienlins Frau geheiratet hat, keine Rolle spielen, wird der Leser das Gefühl nicht los, dass persönliche Gründe doch eine Rolle spielen. Den Vorwurf, Messner habe seinen Bruder dem bergsteigerischen Erfolg zuliebe "geopfert", empfand der Südtiroler jedenfalls als so gravierend, dass er mit einer einstweiligen Verfügung drohte. Wichtig ist, dieses heikle Thema aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, um sich ein eigenes Bild machen zu können. Weitere Mosaikteilchen liefern im hinteren Teil dieses Buches andere Bergkameraden von damals, die freilich in dieselbe Kerbe wie Kienlin schlagen. Den großen Gegenentwurf schreibt Messner persönlich -- und zwar in Die weiße Einsamkeit. Mein langer Weg zum Nanga Parbat. --Christina Falkenberg Quelle:
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