Wer hätte das gedacht: Kaiserin Elisabeth, vulgo "Sisi" muss eine völlig neurotische Person gewesen sein. Getrieben von einem unstillbaren Bewegungsdrang und der fixen Idee, überzählige Kilos loswerden zu müssen, hat sie Zeit ihres Lebens ihren Körper gnadenlos geschunden: Rastlos hetzte sie sich zu Fuß, auf Pferden, beim Schwimmen, in Gymnastiksälen, zuletzt sogar auf Fahrrädern ab. Gleichzeitig ernährte sie sich mit Vorliebe vom Saft ausgepressten Rohfleisches, Obst und Gemüse verschmähte sie dagegen. Wichtiger als Kaiser, Kinder oder Volk waren für sie Taille, Oberschenkel und Waden, deren Umfang sie täglich neu vermessen ließ. Zusammengetragen hat diese und noch viel mehr wunderliche Geschichten die Wiederholungsautorin Gabriele Praschl-Bichler, die mit Kaiserin Elisabeths Fitness-Programm ihr bereits sechstes Buch über Sisi vorlegt. Anders als der Titel nahe legt, liefert das Buch kein nachvollziehbares Tages- oder Wochenprogramm, mit dem sich die Kaiserin ihre legendäre Schönheit zu erhalten versuchte. Anstatt Beautytipps zu liefern, beschreibt es die ungesunden Irrungen einer "unreifen Persönlichkeit" (Praschl-Bichler) auf der Suche nach Anerkennung. Dagegen werden all die Sportarten aufgelistet, die Elisabeth ausprobiert oder bis zum Exzess betrieben hat. Besonders genaue Angaben samt Skizzen gibt es lediglich über ihre -- heute zum Schmunzeln anregenden -- Gymnastikübungen. Eines macht das Buch dennoch klar: Sportsucht und Schlankheitswahn waren keine Erfindung des 20. Jahrhunderts. Sisi hatte alles längst vorweggenommen: Sie rannte, als hätte sie Ulrich Strunz gelesen und sie ernährte sich nach den bizarrsten Diätplänen, wie das eigentlich nur bulimiegefährdete Mädchen tun, die zu oft in Teenagermagazinen geblättert haben. "Sisi", so scheint es, hätte damit das Zeug zur Schutzpatronin für alle Opfer der modernen Fitness- und Diätindustrie, denn sie litt unter überraschend modernen Neurosen. Indirekt liefert das Buch damit eine weitere, ernüchternde Erkenntnis: Sisi war in Wahrheit wohl längst nicht so bezaubernd, wie sie in den zuckerlbunten Heimatfilmen von der unvergleichlichen Romy Schneider dargestellt wurde. --Günther Strauss Quelle:
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