Dass Charles R. Cross für sein detailreiches Werk über den Grunge-Heiligen Kurt Cobain dessen späte Gattin Courtney Love interviewen durfte und dann auch noch von ihr Tagebücher vorgelegt bekam, die Cobain eifrig geführt hat, verstimmt einige eingeschworene Fans ganz furchtbar. Tagebücher könne man fälschen und die Love sei ja bekanntlich ein rotes Tuch für die echten Kenner von Nirvana, heißt es auf den libertinären Fanpages zu jener Band, die in den 90er-Jahren zur Kultcombo avancierte, und das für Millionen. Kurts Nirvana bekannte sich zu lumpigen Klamotten, nörgelte über eigene Erfolge, benahm sich schlecht wie einst die Rolling Stones und belebte den Rock 'n' Roll nach den glatten Yuppie-80er-Jahren neu. Ungewaschen und seit der Pubertät voll gedröhnt, im amerikanischen White Trash orientierungslos aufgewachsen, war der Held des Buches stets auf der Suche nach Anerkennung, beileibe kein souveränes Arschloch. Das bescheinigen auch die vielen anderen Bücher über den armen Kerl, der sich seines kommerziellen Erfolgs gar nicht so richtig freuen konnte und wollte. Im Verlag Hannibal liegen bereits einige Bücher zu dem Phänomen Kurt Cobain vor, aber dieses hier dokumentiert spurgenau, warum der Junkie trotz anderer Opfer des Rock 'n' Rolls nicht auf einer Stufe mit Jimi Hendrix oder Jim Morrison steht. Nach der autorisierten und folglich von Cobain geglätteten Bio von Michael Azerrad und unglücklichen Scripts wie etwa von Dave Thompson zum Thema bringt Cross das ultimative Werk, auch wenn die Liste der Nirvana-Bootlegs fehlt. --Uli Lemke Quelle:
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