Wie bitte? 250 Seiten mit Bildern aus Schlafzimmern? Manch einen mag das Gähnen überkommen, aber schon nach wenigen Seiten steht fest: Auch ein einzelner Raum kann eine derart tief gehende Betrachtung wert sein. Quer durch Europa zu Gast in Schlafzimmern und bei den Menschen, die in ihnen schlafen und vieles mehr. Herlinde Koelbl, Fotografin mit Leidenschaft, sie ist bekannt für mutige Angehen, ungewöhnliche Perspektiven und aus dem Rahmen fallende Bilder, einfach meisterhaft. Dabei mit bemerkenswert viel Sensibilität ausgestattet, eine Frau mit Herz, die freundlich auf andere zugeht, das zeigen Gesichter, die offen und vertrauensvoll in die Kamera schauen. Immerhin: das Schlafzimmer "ist der Raum der großen Privatheit". Zufluchtsort, Ort jedweder Kommunikation, Besinnlichkeit, Ruhe, ein Nest, wo man Erinnerungen sammelt, Kinder zeugt, Träumen nachgeht, die Zeit stillsteht. Ein Refugium, wo Menschen geboren werden oder sterben. Ob in London, Berlin, Moskau, Rom, New York oder Paris, die Frau mit dem begabten Blick für Motive, sie hat sich viel Zeit genommen. Mensch und Raum sollten die vertraute Intimität ausstrahlen, sagte sie auf einer Talkshow, nichts sollte gestellt sein, also Natürlichkeit und Offenheit, das braucht Vertrauen. Diese Frau hat es einfach. "Es kam vor, nicht sehr oft, dass Menschen während des Fotografierens einschliefen" -- na, wenn das kein Beweis und Kompliment ist. Dieses Vertrauen verleiht den Bildern einen überaus persönlichen Charakter. Ohne viele Worte erzählen diese Momentaufnahmen Atmosphärisches über den Raum, in dem wir immerhin ein Drittel unseres Lebens verbringen. Ganz wie von selbst ergaben sich andere Aspekte, wie beispielsweise kulturelle und soziale Unterschiede: Schlafzimmer ist längst nicht Schlafzimmer, wobei eines irgendwie in jedem Raum vorstellbar ist: das Frühstück im Bett. --Barbara Wegmann Quelle:
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