Wirf niemals einen Punk zusammen in einen Topf mit Skins, Rassisten oder gar Rechtsradikalen! O'Haras erstes Gebot. Trotz des von den Medien gerne kolportierten Vergleichs aufgrund ähnlichen Erscheinungsbildes und Musikgeschmacks, hat die völlig apolitische und rassistische Haltung der Skins mit den Wertewelten eines echten Punks nicht das Geringste zu tun. Es verwundert, dass die Deutungshoheit in Sachen Punkrock nie aus der Szene selbst kam, sondern stets den Normalen überlassen wurde, was zu krassen ideologischen Falschdarstellungen führte. Höchste Zeit also für Craig O'Hara, einen chronisch sperrigen Kritiker und Meckerer, der im Schlepptau verschiedener Bands mit seinem politischen Büchertisch durch die USA tourt, als Chefideologe den Ursprung und die Haftkraft einer Bewegung zu erklären, die -- trotz aller interner Grabenkämpfe -- Punks (und Punketten) weltweit verbindet. Der Laie staunt, welch hohes Maß an politischer Integrität und Ethik die Anarchoszene auszeichnet. Was 1977 in England mit den Sex Pistols noch als rotzige Attacke gegen Establishment, gesellschaftliche Vereisung und die zunehmende Verblödung durch gigantomanische Mainstream-Monstren wie Foreigner und Yes begonnen hatte, geriet zunehmend zur politischen Kampfansage gegen autoritäre Strukturen und Gleichschaltung. Das Zeitalter des Individuums in seinen (noch so bizarren) Erscheinungsformen wurde ausgerufen (Rassisten und Sexisten natürlich ausgenommen!). Im zeitweilig gestrengen Ton eines politischen Manifests durchmisst O'Haras philosophischer Exkurs das Spektrum der Ami-Punkszene mit ihren unzähligen Bands und Unterströmungen. Wem zum Beispiel Punk und Ökologie noch als unvereinbare Gegensätze erschienen, der fühlt sich angesichts der Hardcore-Veganertruppen Engage und Propagandhi und ihrer fundierten Texte zum Schutze der Kreatur fast ins Grundsatzprogramm der Grünen versetzt. Jüngste Entwicklung: Straight Edge, eine Art drogen- und alkfreie Saubermann-Fraktion mit ihren Protagonisten Minor Threat. Hervorragend bebilderte Chronik und der Zustandsbericht einer Musikrichtung, die man so noch nicht kannte und die nun in ihr 25. Jahr geht, was vermutlich keinen Punk zu bürgerlichen Jubelfeiern veranlassen dürfte.-–Ravi Unger Quelle:
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