Im Nachlass von Elias Canetti scheint man immer wieder fündig zu werden. Schon öfters wurden weitere Bände seiner Aufzeichnungen oder neue Zusammenstellungen (zuletzt Über den Tod) herausgegeben. Mit Party im Blitz erscheint nun gewissermaßen der vierte Band seiner Lebenserinnerungen. Die Kriegs- und Nachkriegsjahre in England sollten diese Aufzeichnungen umfassen. Der Titel ist einfühlsam gewählt, denn "Blitz" wurden die Angriffe der deutschen Luftwaffe auf England während des Zweiten Weltkrieges genannt. Trotzdem ließen sich die Engländer nicht von einer "Party" abhalten. Canetti hat in seinen letzten Lebensjahren noch selbst am Manuskript gefeilt, konnte es aber nicht mehr fertig stellen. Es existieren deshalb mehrere handschriftliche Fassungen und ein Konvolut von Tagebüchern und Notizen, aus denen nun der Band zusammengestellt wurde und das merkt man ihm auch an. Das vorliegende Ergebnis ist deshalb etwas zwiespältig. Während er in seinen großen autobiografischen Büchern, wie Die gerettete Zunge oder Das Augenspiel ungemein verdichtet, sprachlich ausgefeilt und sehr einfühlsam in der Charakterisierung der Personen ist, so gibt es hier Brüche. Manches erscheint grob skizzenhaft, fast holzschnittartig. Viel stärker kommt hier eine egozentrische, eifersüchtige Person zum Vorschein, die sich eine Position erst erkämpfen musste, denn als Autor war Canetti von seinem früheren Publikum abgeschnitten und in England kannten ihn nicht viele. Die Abgeklärtheit und Souveränität fehlt mitunter, wenn er in harschen Worten über andere Kollegen urteilt. Etwa wenn er T.S. Eliot als "abgrundschlecht" bezeichnet oder seine späten Stücke schlicht als impotent abtut. Auch Iris Murdoch, deren Liebhaber er einige Zeit war, kommt nicht besser weg. Andere Szenen hingegen zeigen den großen souveränen Autor, der feinfühlig die Angst der Menschen vor den Bombenangriffen beschreibt. Trotz aller Unausgewogenheit ist man vielleicht Canetti in diesen Aufzeichnungen näher und das macht sie wieder lesenswert. Im Gegensatz zu den anderen Ausgaben seiner Lebenserinnerungen wurde der Band mit Fotos ausgestattet sowie mit Anmerkungen, einem Register und einem ausführlichen erklärenden Nachwort von Jeremy Adler versehen. --Tobias Hierl Quelle:
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